Ein Leben für den Radsport: 

Kunstradikone Helmut Pittermann wurde 90.

Von Fabrice Hermann 

Das Kunstrad gehört zu Helmut Pittermann, wie Kuchen zum Geburtstag. Am 13. Oktober wurde der Vereinsfreund der Kunstradsektion des Schweriner RV 90 Jahre alt. 

FOTO: FABRICE HERMANN

Sein Kunstrad ist längst dem Gehstock gewichen. Dennoch ist Helmut Pittermann dem Sport immer treu geblieben. Er und sein ehemaliger Kunstrad-Doppelpartner Horst Schrödter sind auch heute noch für viele junge Kunstrad-Asse des Schweriner Radsportverein (RV) von 1899 enge Vertraute.

Immer wieder trifft man Helmut Pittermann bei Trainingseinheiten und Veranstaltungen des Vereins in der Sporthalle JohannesBrahms-Straße an. „Dass der Schweriner RV seit 1989 in der Halle trainiert, ist auf meinem Mist gewachsen. Ich war damals in der Schule nebenan Lehrer für Mathematik, Sport und Englisch“, erklärt Pittermann.

FOTO: FABRICE HERMANN

 Helmut Pittermann und Horst Schrödter sind längst enge Vertraute der talentierten Kunstradsportlerin Johanna Pernack. (v.l.)

 Ein Leben für den Radsport

Sportfreund Pittermann ist seit 1947 Mitglied beim Schweriner RV und damit das älteste Vereinsmitglied. „Eigentlich trat ich dem Verein bei, weil ich gerne Radrennen fahren wollte. Da ich kein eigenes Rad hatte, habe ich mir fürs Training das Fahrrad eines befreundeten Hilfspolizisten ausgeliehen.“ Auch Radball spielte Helmut Pittermann mit Freude und fand so erst zum Einrad, dann auch zum Kunstrad. Ein Sport, bei welchem er im Doppel mit seinem Partner Horst Schrödter brillierte. Seinen späteren Doppelkür-Partner Horst Schrödter kannte er erst nur als Nachbarskind, er wurde dann sein engster Freund. „Wir sind quasi seither unzertrennlich, zusammen wiederholt in Ferien gefahren und haben wie eine Familie zusammen gekocht.

FOTO: PAUL BÜLOW

Pittermann und Schrödter im Einsatz mit dem Doppelten Sattellenkerstand

Insgesamt fünf DDR-Meistertitel, drei Vize-Titel und einmal Bronze gab es für das Duo zwischen 1957 und 1966. Im Europakriterium, was quasi mit einer Weltmeisterschaft gleichgesetzt werden kann, gab es gleich vier zweite Plätze. „Bei der Meisterschaft in Prag 1965 hätte der erste Platz eigentlich uns gehört, doch es gab einen tschechischen Kampfrichter dort, der uns erwiesenermaßen nicht wohlgesinnt war“, erklärt Pittermann.

FOTO: FABRICE HERMANN

Helmut Pittermann präsentiert stolz seine alten Fotos, auf denen er seine Lieblingsübung, dem Sattellenkerstand, präsentiert. Das Foto links entstand bei dem Wettkampf in Prag.                      

Für den RV war er von 1960 bis 2010 als Vorstandsvorsitzender aktiv und schreibt auch heute noch die Chronik des Vereins. Im Laufe seines Lebens war er zudem als Verantwortlicher für das RadsportWettkampfwesen und Vorsitzender des Radsport-Landesverbandes MV aktiv.

Trainer aus Leidenschaft 

So wie er einst viel von den Verein-Gründungsmitgliedern gelernt hat, wollte auch Helmut Pittermann den jüngeren Talenten etwas beibringen. „Alle derzeitigen Trainer des Vereins haben einst bei mir trainiert“, erklärt Pittermann, der heute noch in beratender Funktion tätig ist.

 „Als Lehrer und Vorstandsvorsitzender war ich es schon gewohnt das Sagen zu haben. Da war es fast natürlich, Trainer zu werden.“ Helmut Pittermann-Kunstrad-Legende

Um jungen Neuzugängen die Angst vor dem Sport zu nehmen, hat er sich stets aktiv engagiert. „Ich habe die Übungen meist vorgefahren, Hilfestellung gegeben und auch gezeigt, wie alles funktioniert und wie man es macht, dass dabei nichts zwischen den Speichen stecken bleibt. Selbst meine Lieblingsübung, der Sattellenkerstand, klappte bei mir nur zu 80% reibungslos. Sprungvermögen und Landungstalent gehört neben dem Gleichgewicht eben auch zum Sport dazu.“

Durch den Kunstrad-Sport fand er die Liebe seines Lebens 

Auch seine Frau Marianne lernte Helmut Pittermann 1950 im Schweriner RV kennen. Fünf Jahre später heiratete er die Frau, die ihn schon durch ihr Kunstrad-Talent beeindruckte. „Meine Frau ist auch im Doppel angetreten und hat mich mit ihrem Können in den Schatten gestellt. Mit ihrer Schwester Rosemarie holte sie gleich sechs DDR-Meistertitel und einen im Radpolo“, schwärmt der Ehegatte. Seiner Frau Marianne verdanke er viel. „Sie hat mich immer bei jedem meiner Sporterfolge unterstützt und bei guter Gesundheit erhalten“, erklärt der 90-Jährige.

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Geschwister Marianne (unten) und Rosemarie Kroll beim Reitsitz freihändig Schulterstand

Pfiffig wie eh und je

 Wenn auch die Beine nicht mehr so gut arbeiten wollen, so ist Pittermann geistig noch immer agil. Auf Fragen antwortet er oft mit Witz und lacht selbst auch herzlich gern. Sein Geheimnis, mit steigendem Alter pfiffig zu bleiben: „Ich habe nie geraucht und bin immer schon, neben dem Radfahren, viel gelaufen und habe viel Kraftsport betrieben.“ Letzteres sei auch nötig gewesen, damit sein Sportfreund Schrödter stabil auf ihm rumturnen konnte, fügt er lachend hinzu. „Der Sport hat mich bei guter Gesundheit erhalten und ich habe zum Ärger meiner Schüler, die mal frei haben wollten, in meiner ganzen Karriere nur zweimal krankheitsbedingt gefehlt. Und dann auch nur wegen einer Fußverletzung.“ Auch die administrative Arbeit und die dazugehörigen Zahlen haben ihn stets auf Trab gehalten.

FOTO: FABRICE HERMANN

Die Fachmänner schauen bei den Landesmeisterschaften stets ganz genau hin und lassen sich in der Regel keine Veranstaltung des RV entgehen.

So können die Kunstradfahrer vom Schweriner RV auch in Zukunft damit rechnen, dass Helmut Pittermann bei jeder Veranstaltung interessiert zuschaut und seinem Sitznachbarn Horst Schrödter lobende Worte zu den präsentierten Übungen zuflüstert.